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Industriechemikalien verringern Nährwert der Muttermilch

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06.10.2021

Seit Jahrzehnten gelangen sogenannte PFAS – menschgemachte Industriechemikalien – in die Natur. Einige der Verbindungen reichern sich in Pflanzen, Tieren und damit auch in Menschen an. Nun konnten finnisch-schwedische Forschende zeigen, dass PFAS die Muttermilch verändern.

Mutter stillt Säugling

Das Kürzel PFAS steht für „per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen“. Die Chemikalien werden in unzähligen Verbraucherprodukten wie Papier, Textilien, antihaft-beschichteten Pfannen oder Kosmetika verarbeitet. PFAS sind fett-, wasser- und schmutzabweisend – jedoch biologisch nicht abbaubar. Seit rund 60 Jahren reichern sich über 4.700 verschiedene PFAS-Verbindungen in der Natur an und sind im menschlichen Blut und der Muttermilch nachweisbar. Aus Tierversuchen ist bekannt, dass viele der Chemikalien die Leber schädigen können sowie die Entwicklung, den Fettstoffwechsel und das Immunsystem beeinträchtigen.[1]

Wie wirken PFAS auf die Muttermilch und den Säugling?

Dr. Tuulia Hyötyläinen, Örebro Universität, und Dr. Matej Orešič, Turku Universität, untersuchten ob und wie PFAS die Muttermilch bei Menschen verändern. Hierzu gewannen die Forschenden zwischen Januar 2013 und Februar 2015 über 44 freiwillige Schwangere. Diese beantworteten Fragen zu ihrer Ernährung und spendeten am Tag der Geburt sowie 3 Monate später etwas Muttermilch.

Da die werdenden Mütter auch an einer anderen medizinischen Studie teilnahmen, erhielt das Team zudem Gesundheitsdaten der Säuglinge. So konnten die Forschenden auch Gewicht, Länge und Stuhlproben am Geburtstag sowie im 3., 6., 12. Lebensmonat der Babys auswerten.

PFAS verändern die Fettzusammensetzung der Muttermilch

Neben den üblichen Fetten fanden die Autoren in über 70 % der Muttermilchproben sechs verschiedene PFAS – auch bekannt als PFDA, PFHxS, PFNA, PFOA, Br-PFOS und L-PFOS.

Stark belastete Muttermilch enthielt etwas mehr gesättigte Fette. Dafür waren essenzielle, mehrfach ungesättigte Fette wie die Omega-3-Fettsäure DHA deutlich verringert.

Veränderte Muttermilch wirkt sich nachteilig auf Säuglinge aus

Bereits in der Schwangerschaft gelangen PFAS aus dem Blut der Mutter in den Embryo. Beim Stillen nimmt der Nachwuchs weiter PFAS auf. Trotz der kleinen Anzahl an Teilnehmerinnen sahen die Forschenden einen Zusammenhang zwischen hoher PFAS-Belastung bei der Mutter und einem geringeren Wachstum der Säuglinge im 3. und 6. Lebensmonat. Dies deckt sich auch mit bisherigen Studien zu PFAS-Belastung und beeinträchtigtem Wachstum bei Säuglingen.

Des Weiteren hatten Babys stark belasteter Mütter eine weniger gut entwickelt Darmflora, was an den Entzündungsstoffen in den Stuhlproben ablesbar war. Die betroffenen Säuglinge tranken somit im Nährwert verringerte Muttermilch und konnten diese zudem schlechter verwerten als weniger belastete Babys.

EU verbietet auf Drängen von Schweden und Deutschland rund 200 PFAS

Aufgrund der weiten Verbreitung ist die Aufnahme von PFAS kaum vermeidbar. Zudem lagern sich die Schadstoffe über Jahre im Fettgewebe ein. Daher wurde bereits eine Reihe der besonders schädlichen Industriechemikalien in der EU verboten. Auf Drängen von Schweden und Deutschland wird ab Februar 2023 der Einsatz von rund 200 weiteren PFAS verboten.

Muttermilch weiterhin die beste Nahrung für Säuglinge

Trotz der Beeinträchtigung gilt Muttermilch weiterhin als die beste Nahrung für Säuglinge. Eine hohe Belastung mit PFAS verringert jedoch die Qualität der Muttermilch und beeinträchtigt anscheindend in leichtem Maße das Wachstum des Säuglings. Das finnisch-schwedische Forscherteam will die Studie auf 380 Frauen ausweiten, um ein genaueres Bild der PFAS-Belastung in der Muttermilch und deren Auswirkungen zu erhalten.

Quelle: Santosh Lamichhane et al, Exposure to per- and polyfluoroalkyl substances associates with an altered lipid composition of breast milk, Environment International (2021). DOI: 10.1016/j.envint.2021.106855

Weiterführende Informationen:

[1] PFAS in Lebensmitteln: BfR bestätigt kritische Exposition gegenüber Industriechemikalien (pdf)

 

 

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