15.10.2021
Nachkommen von Diabetikerinnen entwickeln in den ersten 25 Lebensjahren deutlich häufiger eine Fehlsichtigkeit als Kinder gesunder Mütter.
Forschende der Nanjing Medical University und der Aarhus University untersuchten im Rahmen einer nationalen Kohortenstudie den Zusammenhang zwischen mütterlichem Diabetes und Fehlsichtigkeit beim Nachwuchs. Als Datenbasis dienten rund 2,5 Millionen Individuen, die zwischen 1977 und 2016 geboren wurden und in dänischen Gesundheitsregistern erfasst waren.
Dr. Jingbao Du aus Najing und Dr. Jiong Li aus Arhus filterten aus den Daten 56.419 Individuen heraus, deren Mütter vor der Schwangerschaft an Typ-1- oder Typ-2-Diabetes litten oder an Schwangerschaftsdiabetes erkrankt waren. Anschließend analysierten sie, wann und wie häufig bei den Nachkommen in den ersten 25 Lebensjahren Sehfehler entwickelten – im Vergleich zu Kindern Diabetes-freier Mütter.
Hierbei beschränkte sich das Team auf sogenannte refraktive Sehfehler, bei denen das Scharfsehen beeinträchtigt ist: u.a. Kurzsichtigkeit (Myopie), Weitsichtigkeit (Hypermetropie) und Stabsichtigkeit (Astigmatismus).
Diabetes-Komplikationen in der Schwangerschaft schaden Kinderaugen
Bei Kindern von Typ-1-Diabetikerinnen stieg das Risiko einer Fehlsichtigkeit um 32 %. Bei Nachkommen von Typ-2-Diabetikerinnen war das Risiko um 68 % erhöht, einen Sehfehler zu entwickeln. Waren die Mütter während der Schwangerschaft an Gestationsdiabetes erkrankt, so traten beim Nachwuchs 37 % häufiger Fehlsichtigkeiten auf.
In Zusammenhang mit mütterlichem Diabetes errechnete das Team für das Auftreten von Sehfehler eine Häufigkeit von 1,90 % bis zum 25. Lebensjahr. Ohne mütterlichen Diabetes lag dieser Wert bei 1,18 %.
Nach mütterlichem Diabetes tritt Weitsicht früher auf als Kurzsicht
Im Zusammenhang mit mütterlichem Diabetes entwickelte sich eine Weitsichtigkeit vorwiegend in der Kindheit. Dagegen manifestierte sich eine Kurzsichtigkeit häufiger bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen. Ebenso traten schwere Sehfehler häufiger bei Nachkommen von Müttern auf, die vor oder während der Schwangerschaft an Diabetes erkrankt waren.
Darüber hinaus fanden die Forschenden heraus, dass Diabetes-Komplikationen während der Schwangerschaft (z.B. Ketoazidose, diabetisches Koma) das Risiko für Sehfehler beim Nachwuchs verdoppelten.
Gute Gründe für eine konsequente Schwangerenvorsorge
Diese Studie unterstreicht, wie wichtig die frauenärztliche Schwangerenvorsorge ist – insbesondere für Diabetikerinnen und Frauen mit erhöhtem Risiko für Gestationsdiabetes. Zumal diabetische Schwangerschaften bereits für den Fötus erhöhte Risiken bergen, z. B. für übermäßiges Wachstum (Makrosomie), Fehlbildungen und erhöhte Sterblichkeit.
Des Weiteren empfehlen die Studienautoren betroffenen Müttern, schon mit dem 6–12 Monate alten Baby einen Augenarzt zu konsultieren, um etwaige Sehfehler frühzeitig zu erkennen und effektiv behandeln zu können.
Quelle: Jiangbo Du et al, Association of maternal diabetes during pregnancy with high refractive error in offspring: a nationwide population-based cohort study, Diabetologia (2021). DOI:10.1007/s00125-021-05526-z